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Sonntag, 25. August 2013

Politiker haben offenbar immer öfters Schwierigkeiten damit,mit Steuergeldern verantwortungsbewußt umzugehen


Üppige Ruhestandsbezüge und "rechtes Zwielicht"

Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat doppelt Ärger – mit ihrem alten und ihrem neuen Regierungssprecher. Begonnen hatte alles mit einer üppigen Pensionsregelung. Von
Christine Lieberknecht (CDU) mit ihrem neuen Sprecher Karl-Eckhard Hahn
Foto: dpa Christine Lieberknecht (CDU) mit ihrem neuen Sprecher Karl-Eckhard Hahn
Wenn alles seinen regulären Gang geht, dann werden die Thüringer im kommenden Jahr einen neuen Landtag wählen – frühestens im Mai und spätestens im Oktober. So ergibt es sich aus dem Landeswahlgesetz. Doch von Woche zu Woche wird es fraglicher, ob die große Koalition unter Führung von Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) noch so lange hält.
Schon vor Monaten sollen CDU und SPD jeweils interne Pläne durchgespielt haben, das Bündnis vorzeitig platzen zu lassen. Wie schlecht es um die Zusammenarbeit steht, zeigt sich derzeit in der Affäre um die Pensionsregelung für den früheren Regierungssprecher Peter Zimmermann (parteilos).
Die Landtagsfraktion der Grünen hat Lieberknecht in diesem Zusammenhang wegen des Verdachts der Untreue angezeigt, und die Staatsanwaltschaft hat bereits beantragt, die Immunität aufzuheben. Doch statt die Reihen in der Krise zu schließen, nutzt der kleine Koalitionspartner die Gelegenheit, die Regierungschefin zusätzlich zu beschädigen. So weigerte sich Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) gemeinsam mit dem neuen Regierungssprecher Karl-Eckhard Hahn (CDU) vor der Regierungspressekonferenz aufzutreten.
Hahn wird in der jüngsten Ausgabe des antifaschistischen Magazins "Der rechte Rand" vorgeworfen, "Vordenker" einer neuen Rechten zu sein. Machnig forderte Hahn auf, sich zu den Anschuldigungen zu äußern.

Wie eine trotzige Kampfansage

Da klingt es fast wie eine trotzige Kampfansage, wenn Lieberknecht am Dienstag in Erfurt erklärt: "Ich bin mir der Rechtmäßigkeit meines Handelns bewusst." In einer Kabinettssitzung hat sie ausführlich begründet, warum sie ihren gerade einmal 37 Jahre alten Regierungssprecher Zimmermann in den einstweiligen Ruhestand versetzt hatte – was mit satten Versorgungsansprüchen verbunden war und den Protest der Opposition provozierte hatte.
Der personelle Umbau der Staatskanzlei sei langfristig geplant gewesen, und sie habe Zimmermann bereits Ende des Jahres informiert, dass sie seine Stelle neu besetzen wolle. Rechtlich habe sie keine andere Möglichkeit gehabt, als den Beamten in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.
Inzwischen arbeitet Zimmermann für eine Leipziger Internetfirma und hat auf seine Ansprüche verzichtet. Für die Opposition ist der Fall damit jedoch noch nicht beendet. Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken im Erfurter Landtag, verlangt von Lieberknecht lückenlose Aufklärung, wie es zu der teuren Pensionsregelung gekommen ist. Sie sollte nicht das ordentliche Verfahren abwarten, sondern selbst aktiv werden und alle Akten im Fall Zimmermann der Staatsanwaltschaft übergeben. "Diese Landesregierung schadet Thüringen", sagte Ramelow der "Welt". Die Bürger könnten nur noch den Kopf schütteln.

Weg für Neuwahlen

Wenn Lieberknecht es nicht gelinge, alle Zweifel auszuräumen, müsse sie den Weg für Neuwahlen freimachen, forderte Ramelow. Es sei doch keine Basis für die Zusammenarbeit in der Regierung, wenn das Kabinett etwas beschließe, von dem sich einige Teilnehmer dann wieder distanzieren. Schließlich habe auch Machnig für die Pensionsregelung gestimmt, auch wenn er jetzt behaupte, sich arglistig getäuscht zu fühlen.
Zugleich verteidigt ausgerechnet Ramelow den Regierungssprecher Hahn gegen Machnigs Vorwürfe. Nichts davon sei neu. Die Linke habe den Fall Hahn schon 2009 in ihrem sogenannten "Schwarzbuch" aufgearbeitet.
Tatsächlich hat Hahn während seines Geschichtsstudiums und der anschließenden Promotion in Göttingen für die Zeitschrift "Etappe" geschrieben, die den Ruf hat, im nationalen Lager zu stehen. Die "Zeit" zitiert den Brühler Politologen Armin Pfahl-Traughber, der die Zeitschrift als "Theorieorgan" der neuen Rechten bezeichnet.
In einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung schreibt Hahn, dass er sich bereits 1989 aus der "Etappe" wieder zurückgezogen habe, "weil sie in ihrer Arbeit gegen mein Verständnis von Menschenwürde verstieß". Seine Mitarbeit habe er "bereits zum damaligen Zeitpunkt als Fehler betrachtet", schreibt Hahn weiter, "und ich distanziere mich davon ausdrücklich".

Über jeden Zweifel an demokratischer Haltung erhaben

Hahn bestreitet auch nicht, seit 1982 Mitglied der Deutschen Gildenschaft (DG) zu sein, weil sich diese Studentenverbindung "für die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit einsetzte". Die Statuten, so wie sie in der "Zeit" zitiert werden, legen den Verdacht nahe, die DG sei völkisch ausgerichtet. Ein Vorwurf, den Hahn in seiner Erklärung entschieden zurückweist.
"Wären völkische Ideologien, Nationalismus oder völkischer Nationalismus das programmatische Fundament der DG, wäre ich nicht Mitglied dieser Verbindungen." Um über jeden Verdacht erhaben zu sein, lässt Hahn seine Mitgliedschaft zunächst ruhen. Thüringens Innenminister Jörg Geibert (CDU) will nun in einem geeigneten Gremium der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern überprüfen lassen, ob die DG im freiheitlich-demokratischen Spektrum angesiedelt ist.
Auch Lieberknecht verteidigt ihren Regierungssprecher gegen die Anschuldigungen des Koalitionspartners. Aus ihrer mehr als 20-jährigen Zusammenarbeit wisse sie, dass Hahn über jeden Zweifel an seiner demokratischen Haltung erhaben sei. Versuche, Hahn ins "rechtsextreme Zwielicht" zu stellen, weist sie entschieden zurück.

Anspruch auf üppige Ruhestandsbezüge

Hahn ist seit 1994 Mitglied der CDU. Er war Lieberknechts Referent und Redenschreiber, und zuletzt war er Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Er habe sich auch an der Arbeit des Evangelischen Arbeitskreises der CDU beteiligt, schreibt Hahn in seiner Erklärung, die sich letztlich an Machnig richtet.
Pikant ist, dass dieser als ehemaliger Staatssekretär von Sigmar Gabriel (SPD) im Bundesumweltministerium Anspruch auf recht üppige Ruhestandsbezüge hat.
Machnig war nach dem Regierungswechsel in Berlin am 3. November 2009 in den einstweiligen Ruhestand versetzt und damit finanziell abgesichert worden, obwohl ihn Lieberknecht am selben Tag als Mitglied ihres Kabinetts vorstellte, berichtet die Zeitung "Freies Wort". Ein zufälliges Zusammentreffen beider Ereignisse sei dies, wie Machnigs Sprecher nun erklärt.
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