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Freitag, 29. August 2014

"Nirgends sieht das Grundgesetz eine derartige Diktatur der Parteien vor, wie wir sie gegenwärtig erleben"!

Nirgends sieht das Grundgesetz eine derartige Diktatur der Parteien vor, wie wir sie gegenwärtig erleben. Im Gegenteil, denn das Bundesverfassungsgericht2 hat klargestellt, daß den Parteien durch Art. 21 Satz 1 GG [Parteien] kein Monopol sondern nur ein Recht der “Mitwirkung an der politischen Willensbildung” eingeräumt wird. Der Charakter des Grundgesetzes duldet Ausschließlichkeitsrechte der Parteien weder bei der allgemeinen politischen Meinungs- und Willensbildung, noch bei Wahlen. Daraus folgt zwingend, daß nach dem Grundgesetz auch andere Formen der freiheitlichen Demokratie als die parlamentarische Parteiendemokratie rechtlich zulässig sind. Die von mir verfolgte “direkte Demokratie” durch Ausübung des demokratischen Selbstbestimmungsrechts auf regionaler und lokaler Ebene steht demnach in vollem Einklang mit dem Grundgesetz.
Aber es kommt für die Parteien noch schlimmer, denn selbst meine laute Forderung nach Rückführung der Parteien auf den Status von Vereinen ist legitim. Art. 21 GG [Parteien] gehört nach dem klaren Wortlaut des Art. 79 Absatz 3 GG nicht zu den unabänderlichen Verfassungsnormen. Art. 21 GG [Parteien] ließe sich somit ersatzlos streichen. Meine Forderung nach einer Beendigung der Parteiendiktatur und Rückführung der Parteien auf den Status von privatrechtlichen Vereinen ist somit absolut rechtskonform.
Und diese meine Forderung ist durchaus berechtigt, denn unsere gegenwärtigen Probleme sind parteiengemacht3. Sie resultieren aus einem idealtypischen Parteienstaat, “der den Parteien eine monopolistische Herrschaft über die politische Willensbildung einräumt, die Verfassungsorgane der Legislative, Exekutive und Judikative mit imperativen Mandaten ihrem Willen unterwirft, den Staat zur freien Verfügung den Parteien überantwortet und jede Usurpation4 staatlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Macht durch die Parteien rechtfertigt”5. Zudem gilt zu bedenken, daß durch die gelenkte Differenzierung der Parteien nach Bedeutung die formale Parteiengleichheit des Art 21 GG gänzlich unterlaufen wird.
Die Regeln der Parteienfinanzierung zeigen dies überdeutlich. So kommen in den Genuß staatlicher Zuwendungen nur jene Parteien, die auch in den Parlamenten vertreten sind, oder zumindest einen bestimmten Stimmenanteil erlangt haben. Vor allem Parteien, die sich neu gegründet haben, oder die kommunal bzw. regional tätig sind, werden überhaupt nicht berücksichtigt. Kommen doch die notwendigen Impulse gerade aus den Bürgerbewegungen, so sollte es doch, sofern es überhaupt einer staatlichen Parteienfinanzierung bedarf, genau andersherum verlaufen: Die an der Basis neu entstehenden Parteien, Gruppen und Vereine bedürften der Unterstützung.
Noch gravierender ist das Unrecht bei der Finanzierung der parteinahen Stiftungen. Diese erhalten staatliche Zuwendungen in Millionenhöhe, sofern die Partei, deren Stiftung betroffen ist, eine bestimmte Anzahl von Legislaturperioden im Parlament vertreten war.
Auch sollte dahingehend auf die gefährliche Vereinnahmung des Staates durch die Parteien hingewiesen werden, daß vor allem in den Medien, bei höheren Gerichten, in der Ministerialbürokratie, bei sonstigen Verwaltungen, Aufsichtsräten von staatsbeteiligten Unternehmen, pseudoprivatisierten Staatsbetrieben wie Bahn, Post, Lufthansa oder VW, Rechnungshöfen, Verkehrsbetrieben, öffentlichen Banken, Krankenhäusern, Botschaften, Datenschutzanstalten, politischen Bildungseinrichtungen, ja selbst in den Lotterieverwaltungen und Rundfunkräten nicht nur Spitzenpositionen grundsätzlich nach dem Parteibuch vergeben werden6.
Und das, obwohl die Parteien für die selbst von ihnen nicht mehr zu verdrängenden Diskussionen um die Schuldenbegrenzung, die Totalsanierung eines völlig maroden Sozialsystems und die Neuausrichtung einer nach Kompetenz wimmernden Bundesrepublik Deutschland der völlig falsche Partner sind. Lassen Sie sich daher bitte nicht mehr von den überbezahlten Schauspielern in Parteien, Gewerkschaften und anderen im systemischen Räderwerk schwadronierenden Vasallen blenden. Die Systemparteien7 wollen sich der Macht wegen um jeden Preis auf ihr “Patent” eines nicht funktionierenden Staatswesens berufen8.
Wichtig: Hinter der Einführung der repräsentativen Demokratie durch die Siegermächte stand angeblich deren Überzeugung, daß ein Großflächenstaat wie die Bundesrepublik Deutschland nur durch eine Parteiendemokratie angemessen regiert werden könne. Eine Mär, denn ich bin der Meinung, daß ganz andere Gründe ausschlaggebend waren. Der wahre Grund bestand darin, Eliten anzufüttern, die sich, mit allen Privilegien ausgestattet, im Fett suhlen und mit den Besatzungsmächten auch nach der militärischen Okkupation berechenbar und für immer und ewig kooperieren.
1 GG abgekürzt
2 BVerfGE 20,114; 41, 416 f.
3 Nahezu in der gesamten westlichen Welt. Lesen Sie hierzu bitte vor allem den 2. Teil dieses Plädoyers.
4 Etwas widerrechtlich an sich reißen.
5 Zitiert aus Seifert u. Hömig, “Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland”, Taschenkommentar, 4. Auflage, Nomos Verlagsgesellschaft Baden-Baden, S. 189.
6 Das zu beobachtende Postengeschachere korrespondiert weder mit Artikel 3 Abs. 3 noch mit Artikel 33 Abs. 2 GG. Danach darf niemand “…wegen seiner politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden…” und “Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte”.
7 Die großen Parteien sind in sich abgeschlossene, sich selbstorganisierende Systeme (Prinzip, Ordnung [griech.]) mit einem streng hierarchischen Organisationsmuster. Diese Systeme stehen weder in Wechselbeziehung zu anderen Systemen noch sind sie lernfähig. Sinn und Zweck dieser Systeme (Parteien) ist ausschließlich die exzessive Selbstbehauptung in Form der Herrschaft über andere. Die Mitglieder dieser Systeme betrachten in ihrer hierarchischen Position einen Teil ihrer Identität, was Existenzängste schürt und den Zusammenhalt ausmacht. Die Werte des Systems sind Quantität statt Qualität, Konkurrenz an Stelle von Kooperation, Expansion statt Erhaltung, Herrschaft statt Partnerschaft. Der Zweck der Selbstbehauptung rückt an die Stelle von Integration.
8 Lesen Sie hierzu bitte meinen Standpunkt zur “Die Mär vom Sozialstaat”.

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